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„Ein Leben, in dem Liebe die Hauptsache ist, ist meine Vorstellung vom Himmel.“
Christopher Lewis im Porträt.
Christopher Lewis gehört zur Generation der Kriegskinder, wurde er doch kurz vor Kriegsende, im März 1945 im amerikanischen Buffalo geboren. In Amerika war es zu dieser Zeit so, berichtet er, dass Männer, die Kinder hatten, nicht zum Militärdienst eingezogen wurden, dafür aber in der Verteidigungsindustrie arbeiten mussten. So auch sein Vater, der aus diesem Grunde in einer Flugzeugfabrik arbeitete. „Einige seiner Freunde sagten, sie seien ganz glücklich darüber, dass Sie nie in einem Flugzeug fliegen mussten, das mein Vater gebaut hat“, sagt er schmunzelnd.
„Meine Eltern waren katholisch oder genauer gesagt, meine Mutter war katholisch und mein Vater wahrscheinlich nichts“, so Lewis, sodass die beiden nur heiraten konnten, wenn sein Vater ebenfalls katholisch wird. Seine Mutter, so sagt Lewis, sei ein ganz einfacher Mensch gewesen und sehr intelligent. „Sie hat ihr ganzes Leben lang gearbeitet.“ Und sie sei gewissermaßen auch seine moralische Instanz gewesen.
Nicht immer an die Zehn Gebote gehalten
„Ich war in meiner Jugendzeit nicht immer so streng mit der Einhaltung der zehn Gebote.“ Einige Zeit später, als Lewis anfängt sich für Politik zu interessieren, rückt der moralische Aspekt jeglichen Handelns für ihn jedoch immer stärker in den Vordergrund.
Lewis wächst mit zwei Schwestern auf, die vier Jahre älter sind als er und die Zwillingsschwestern waren. Familien mit drei Kindern seien sehr typisch für die damalige Zeit gewesen. Seine Eltern haben trotz dreier Kinder beide gearbeitet. Mit Blick auf die heutige Müttergeneration wundere er sich daher oft: „Sie sind ständig unterwegs, um ihre Kinder hin- und herzubringen. Bei uns war das nicht möglich, weil meine Mutter gearbeitet hat.“
Nach dem Krieg sei die Situation in Amerika zwar nicht so schlimm gewesen wie seinerzeit in Deutschland, aber wirtschaftliche Probleme habe es auch in seinem Heimatland gegeben. Den dann einsetzenden Aufschwung gegen Ende der 50er Anfang der 60er Jahre nutzten Lewis Eltern dazu, ein kleines Häuschen in einem Vorort seiner Geburtsstadt zu bauen. Buffalo, das übrigens eine Städtepartnerstadt mit der ebenfalls industriell geprägten Stadt Dortmund unterhält, war bereits seit dem 19. Jahrhundert eine ganz wichtige Industriestadt gewesen, in der verschiedene Unternehmen der Flugzeug-, Auto- und Stahlindustrie beheimatet gewesen waren. Auch Christopher arbeitete in seiner Schulzeit während der Sommerferien bei einer der größten und modernsten Stahlfabriken seiner Zeit mit mehr als 20.000 Mitarbeitern, die interessanterweise den Namen Bethlehem Steel trug. „Die Entwicklung der Stadt ist ziemlich tragisch, denn heute ist dort alles dicht.“
„Mein Vater hat die Schule nicht beendet, meine Mutter hat mit 16 angefangen zu arbeiten. Das war typisch für diese Generation. Dann, in meiner Generation haben wir aber studiert.“ So auch Christopher Lewis, der 1963 zunächst begann, in New York Medizin zu studieren „aber das war zu schwierig für mich“ berichtet er mit einem Augenzwinkern. Später sattelt er dann auf Kunstgeschichte um: „Das war am einfachsten und es hat mich interessiert.“ 1965 griffen die USA unter Berufung auf die berühmt gewordene Tonkin-Resolution aktiv in den Vietnamkrieg ein. „Solange man studierte, musste man nicht zum Militär. Deswegen habe ich sieben Jahre lang studiert. Die Armee wollte aber auch nicht unbedingt Soldaten haben, die gegen die Wehrpflicht waren.“
Im Anschluss lebt Lewis ein paar Jahr als Hippie – und dies sogar gar nicht weit entfernt von Woodstock. „Aber dann habe ich gemerkt, dass es auch kein Leben ist, keine Verantwortung zu haben.“ In dieser Zeit fängt Lewis auch an, sich für Politik zu interessieren, unterstützt Martin Luther King, geht auf Demos. Er kommt für sich damals zu der Erkenntnis, dass Amerika im Wesentlichen durch den „militärisch-industriellen Komplex“ geprägt werde, der wiederum eine sehr enge Verbindung mit der Wall Street und Hollywood habe. Nicht zuletzt aufgrund dieser Einschätzung ist Lewis unglücklich in Amerika.
Da trifft es sich gut, dass ein Freund von ihm damals eine kleine Nachrichtenagentur mit Standorten in Washington und Wiesbaden betreibt und einen Fotografen sucht. So kommt er nach Wiesbaden – „und, ich bin bis heute hiergeblieben.“ Bereits im Jahr 1964 hatte er als Student im Sommer Europa bereist und dabei Spanien, Frankreich, Jugoslawien und Italien kennen- und schätzen gelernt. „Das hat mir sehr gut gefallen“. Lewis ist in dieser Zeit zum ersten Mal verheiratet, seine damalige Frau war gemeinsam mit ihm nach Deutschland gekommen. „Aber die Ehe war nicht gut und sie ist wieder zurück in die USA gegangen.“ Da die Arbeit für die Nachrichtenagentur „mehr oder weniger ehrenamtlich“ ist und Lewis Geld verdienen muss, tut er fortan etwas Naheliegendes: Er arbeitet als Englischlehrer für Erwachsene in Unternehmen, eine Tätigkeit, die er bis heute ausübt.
Durch die Musik in die Christophoruskirche
Vor etwa 20 Jahren lernt er seine kürzlich verstorbene zweite Frau Veronica Moos kennen, die mit ihm gemeinsam bis kurz vor ihrem Tod vor etwa einem halben Jahr regelmäßig die sonntäglichen Gottesdienste in der Gemeinde besuchte und auch hochgeschätztes Redaktionsmitglied des Gemeindebriefs „Blick vom Kirchturm“ war.
Die beiden waren sich erstmals bei einer Wanderung im Rheingau begegnet. „Wir haben schnell zueinandergefunden, denn wir hatten viele gemeinsame Interessen wie Literatur, Kunst und Musik.“ Und auch die Leidenschaft für das Reisen verbindet die beiden. So besuchen sie in ihren gemeinsamen Jahren unter anderem Italien, Frankreich, Österreich und Russland. „Wir hatten eine schöne Zeit zusammen.“
„Dann haben wir diese schöne Kirche entdeckt. Ich finde, die Christophoruskirche ist die schönste Kirche in Wiesbaden.“ Die Musik hatte die beiden in die Gemeinde geführt, genauer gesagt, der regelmäßige Besuch der Bachkantaten. Lewis hört sehr gerne Barockmusik. Und Bach habe auch mit Gott zu tun. „Dann haben wir Pfarrer Jörg Mohn kennengelernt. „Ich mag ihn sehr.“ Dieses „Rundum-Wohlfühlpaket“ der Schiersteiner Gemeinde führt letztlich dazu, dass Lewis, der bis dahin katholisch ist, sich vor etwa einem Jahr dafür entscheidet, auch ganz offiziell Teil der Christophorusgemeinde zu werden.
Gott ist gut
Glaubt Christopher Lewis an Gott? „Oh ja!“ Lewis ist davon überzeugt, dass es eine universelle Wahrheit gibt und Gott gut ist, den Menschen sieht er als Abbild Gottes. Was Himmel und Hölle angeht: „Mal sehen. Ich denke, dass der Himmel oder die Hölle jetzt sind. Wenn man ein Leben hat, in dem die Liebe die Hauptsache ist, dann ist das meine Vorstellung vom Himmel. Hass oder Gier dagegen sind die Hölle und man muss nicht erst warten, bis man tot ist.“ Auch der Aspekt der Nächstenliebe sei ihm sehr wichtig. Diese habe er in der Christophorusgemeinde zum Beispiel ganz konkret in Person von Hildegard Link zu spüren bekommen. Über sie sagt er voller Respekt und Wertschätzung: „Ich bin nicht so fromm wie Frau Link. Sie war sehr nett zu mir und meiner Frau.“
Er freue sich auch immer, wenn er durch die Predigten am Sonntag etwas lernen könne. „Das tut mir gut.“ Die letzte Predigt von Pfarrer Dr. Jörg Mohn über den Propheten Elia habe ihm sehr gut gefallen. „Im Alten Testament bin ich nicht so gut. Also wollte ich wissen: Wer war der Typ?“ lacht er. Um sich näher mit Elias vertraut zu machen, hört sich der Musikliebhaber im Anschluss das gleichnamige Oratorium von Mendelssohn an.
Lewis findet es schade, dass die Kirche nicht nur in Deutschland, sondern auch in der „ganzen westlichen Kultur“ immer mehr an Bedeutung verlöre. „Das ist keine gute Entwicklung.“ Er hebt besonders die soziale Bedeutung der Kirche hervor und die Hilfe, die sie den Menschen gerade in schwierigen Zeiten bieten kann: „Für mich ist es, seit Veronica gestorben ist, eine große Hilfe, dass ich zu dieser Gemeinde gehöre.“ Generell vermisse er bei vielen Menschen das ehrenamtliche und soziale Engagement, viele seien ausschließlich mit ihrer Arbeit beschäftigt.
Der Tod seiner Frau Veronica ist jetzt fast ein halbes Jahr her, „aber, es geht mir langsam besser.“ sagt er leise. Die Zeit nach ihrem Tod beschreibt er so: „Das habe ich nicht erwartet. Das sind auch Gefühle oder Schmerzen, die man nicht erklären kann. Man muss das erleben. Aber es ist eine Frage der Zeit.“ Langsam beginne er, der eigentlich sein Leben lang in Beziehungen gelebt habe, aber auch dem Alleinsein die positiven Seiten abzugewinnen. „Ich kann morgens aufstehen und frei Entscheiden was ich tue. Oder ob ich nichts tue.“
„Ich bin froh, dass ich 77 Jahre gelebt habe und immer getan habe, was für mich möglich war.“ Heute gehe es ihm vor allem darum, dass seine beiden Stiefkinder und seine Enkel eine gute Perspektive hätten. Mit Blick auf die momentane Situation und die Zukunft wünscht er sich daher: „Ich hoffe, dass die Menschheit aufwacht.“
Gespräch aufgezeichnet von Jan Schneider