Nastja. Aus der Ukraine zum CVJM.

„Ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen.“ (Matthäus 25,35)

In einem sehr emotionalen Moment im Anschluss an den CVJM-Musicalgottesdienst am 19. März 2023 überreichte Jürgen Gruber der 15-jährigen Nastja einen Bilderrahmen mit einer Fotocollage mit Bildern aus der gemeinsamen Zeit beim CVJM. Wir haben daher mit dem Gründer des Schiersteiner Vereins über die Geschichte der jungen Frau gesprochen und darüber, wie es eigentlich zu ihrem Engagement beim CVJM kam.

Nastja, die mit vollem Namen Anastasja heißt, kam kurz nach Ausbruch des Krieges zusammen mit ihrer Mutter und ihrem Bruder zu einem befreundeten Ehepaar aus der Ukraine-Hilfe nach Eltville. Ein Mädchen aus einer anderen befreundeten Familie aus Eltville nahm sie dann einmal mit in die Schiersteiner Gruppenstunde. „Sie hat bei uns sofort Fuß gefasst. Musik machen war ihr Ding und das hat natürlich super zu uns gepasst, so dass sie in die Band gekommen ist", berichtet Jürgen Gruber, der ja selber ein begeisterter Musiker ist.

In der Folgezeit wirkte Nastja praktisch bei allen Veranstaltungen des CVJM mit. So nahm sie an der Jugendfreizeit im vergangenen Jahr teil, wirkte als Sängerin beim Weltgebetstags-Gottesdienst, der in diesem Jahr vom CVJM musikalisch begleitet wurde und auch beim Musical mit und konnte sich darüber hinaus bei allen Aktivitäten der Jugend einbringen, auch in den Gruppenstunden.

Das Heimweh der Mutter führte dann dazu, dass Nastjas Vater für fünf Tage freibekam, um seine Familie in Deutschland abzuholen. Wie es der Zufall so wollte, ergab sich damit die Möglichkeit, dass der Vater dem Musicalgottesdienst beiwohnen konnte. Aber vielleicht gilt hier ja auch das Wort des französischen Schriftstellers Théophile Gautier, der einmal schrieb: „Der Zufall ist das Pseudonym, das der liebe Gott wählt, wenn er inkognito bleiben will.“

Die Familie lebt in der Ukraine etwa 50 Kilometer von der ukrainischen Hauptstadt Kiew entfernt und war vom Krieg bisher Gott sei Dank noch nicht so stark betroffen wie andere Bereiche des Landes. Allerdings wurden alle Schulen geschlossen und der Unterricht komplett online durchgeführt. „Da Nastja nun in ihrer Schule eine Prüfung ablegen muss, hätte Sie jetzt sowieso wieder in Ukraine zurückgemusst.“, erzählt Gruber. Denn würde sie diese Prüfung nicht absolvieren bzw. bestehen, müsste sie das Schuljahr wiederholen. Das wollte Nastja nicht.

Nastja würde gerne einmal in Deutschland studieren und plant dafür in etwa zwei Jahren wieder zurückkommen. „Wir würden sie dann beim CVJM natürlich wieder aufnehmen, solange bis sie volljährig ist und hier eine feste Bleibe gefunden hat.“

Aus dem Kontakt mit „der lieben Familie von Nastja“ weiß Gruber, dass es den Ukrainern vor dem Krieg nicht schlecht ging. Sie seien nicht arm, so wie zum Beispiel die benachbarten Weißrussen, denen es eigentlich an allem fehle. Aber, und das sei das Entscheidende: „Sie sind im Krieg und dieser Krieg macht vor allem den Kindern sehr schwer zu schaffen. Und das merken wir an vielen ukrainischen Kindern, die wir in den letzten anderthalb Jahren betreut haben. Das ist schon heftig.“, sagt Gruber sichtlich bewegt.

Nastja

Nastja im Kreis ihrer Familie und mit Jürgen Gruber im Anschluss an den CVJM-Musicalgottesdienst.
Bild: © Christopher Lewis