Martin von Tours (St. Martin)

Er teilte seinen Mantel mit einem Bettler.

In einem ungewöhnlich kalten Winter fleht ein notdürftig bekleideter Bettler am Stadttor von Amiens die Vorübergehenden um Erbarmen an. Da Martin nichts als seinen Soldatenmantel besitzt, zieht er sein Schwert, teilt den Mantel und schenkt eine Hälfte dem Bettler. Fast jedes Kind kennt diese Begebenheit aus dem Leben des Heiligen Martin von Tours. Sein Biograf Sulpicius Severus hat sie überliefert.

Und: In der folgenden Nacht erscheint Martin Jesus Christus im Traum, der jenes Mantelstück trägt, das er dem Armen gegeben hat. Damit erweist sich Martin als ein Nachfolger von Jesus, der gesagt hat: „Ich bin nackt gewesen und ihr habt mich gekleidet. Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan (Matthäus 25,31 – 40).“

Martin wurde um 316 in der römischen Provinz Pannonien geboren. Wie sein Vater wurde er zum Militärdienst verpflichtet und trat mit 15 Jahren in die Leibwache des Kaisers ein. Ab 334 war er als Soldat in Amiens stationiert, wo sich auch die Episode der Mantelteilung ereignet hat. Mit etwa 35 Jahren ließ er sich von Bischof Hilarius von Poitiers taufen und nach dem Ende seines 25-jährigen Militärdienstes weiter im christlichen Glauben unterrichten. Um seinem Lehrer und Vorbild Hilarius nahe zu sein, gründete er 361 in Ligugé das erste Kloster der westlichen Christenheit. 371 war er nach dem Willen der Stadtbevölkerung zum Bischof von Tours geweiht worden. Martin verzichtete auf einen prunkvollen Bischofsstuhl und setzte sich lieber auf einen einfachen Bauernschemel. Er lebte lieber in den Holzhütten vor der Stadtmauer als in einem prächtigen Gebäude in Tours.

Am 8. November 397 starb er im Alter von 81 Jahren und wurde am 11. November in Tours beigesetzt. Ungewöhnlich ist, dass sein Beerdigungstag zu seinem Gedenktag erhoben worden ist und nicht sein Sterbetag. Der Grund: Im Mittelalter endete das bäuerliche Arbeits- und Wirtschaftsjahr am 11. November, dem dann eine 40-tägige Fastenzeit vor Weihnachten folgte. Dem entspringt auch der Brauch, an diesem Festtag eine Martins-Gans zu braten. 1483 wurde an eben diesem Tag ein Junge, der tags zuvor geboren war, in Eisleben auf den Namen des Heiligen getauft: Martin Luther.

Reinhard Ellsel
 

Martinsgebet

Und wenn wir in Not sind
und hilflos und arm,
dann, Gott, schick uns
Menschen wie Martin,
die helfen und teilen.

Und wenn wir allein sind
und traurig, bedrückt;
dann, Gott, schick uns
Menschen wie Martin,
die heben und tragen.

Und wenn wir ängstlich festhalten,
alles nur haben wollen für uns,
dann, Gott, schick uns
Menschen wie Martin,
die zeigen, wie man teilt.

in: Sendbote 11/2004

Martin von Tours, Skulputr am Erfurter Dom

© Bild: Peter Weidemann, Skulptur des Heiligen Martin von Tours am Erfurter Dom.